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RUTHENEUM-BOTE Die Schülerzeitung des Goethe-Gymnasiums/Rutheneums seit 1608 Gera Rutheneums

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Einwilligen Widersprechen
enthält Meinung und Zynismus



06.09.2021 Beitrag teilen Beitrag teilen: Domain: https://OK Link wurde kopiert!


Täglich prasseln unzählige Informationen über die verschiedensten regionalen, nationalen oder weltweiten Themen auf uns herein, dass es nicht immer leicht ist, mit allen Entwicklungen Schritt zu halten. Ein ganz bestimmtes Detail fällt jedoch bei den unterschiedlichsten Nachrichtensendungen, Zeitungsartikeln und Onlinemagazinen immer wieder auf penetrante Weise auf: Journalisten greifen zunehmend auf die sogenannte „Gendersprache“ zurück, was sich etwa darin äußert, dass bei einer wissenschaftlichen Entdeckung nicht mehr von den „Forschern“ die Rede ist, sondern zum Beispiel von „Forscher_innen“. Sprachfeministen fordern eine derartige Umgewöhnung im Sprachgebrauch bereits seit Jahrzehnten, doch nun scheinen ebenjene Bestrebungen möglicherweise tatsächlich vom Wunschdenken zur Realität überzugehen. Warum das jedoch keine gute Neuigkeit ist, erklärt der scheidende Chefredakteur des Rutheneum-Boten in folgendem Kommentar.

Darum geht es beim „Gendern“

Die Spukgeschichte über die vermeintliche Notwendigkeit einer Gendersprache lässt sich in etwa so zusammenfassen: Bei der „angeblichen“ freiheitlichen Demokratie des politischen Westens und Deutschlands im Konkreten handele es sich in Wahrheit um ein „Patriarchat“, welches Männer in jeglicher Hinsicht bevorzuge und Frauen benachteilige. Das zeige sich auch in der deutschen Sprache, die durch das generische Maskulinum Frauen notorisch „ausblende“ und den geistigen Horizont der Sprecher auf eine reine Männerwelt reduziere. Darum fordern Feministen, bei allen Gruppenbezeichnungen stets zu betonen, dass es sich nicht ausschließlich um Männer handelt, indem man etwa nicht mehr von „Polizisten“ spricht – sondern von „Polizist_innen“, wahlweise auch von „PolizistInnen“, „Polizist:innen“ oder „Polizist*innen“ (beliebige Sonderzeichen möglich).

Ein zerrupftes Schriftbild

Was viele Kritiker an Gendersprache stört, ist zunächst einmal das unhandliche Äußere solcher Kunstbegriffe – schließlich kommen Sonderzeichen sonst in keinen regulären deutschen Wörtern vor. Über Bezeichnungen wie „Lehrer_innen“ regelrecht zu stolpern, ist also vorprogrammiert. Gerade Unterstriche wirken in Fließtexten besonders störend, da sie gegenüber der Buchstaben-Grundlinie nach unten versetzt sind und den oben frei gewordenen Platz nicht ausfüllen. Die so verursachte Leere zwischen beiden Wortteilen kann besonders bei kleinen Zeilenabständen schnell mal als Leerzeichen missinterpretiert werden. Sicher stört so etwas nicht das Verstehen des Textes, doch darum geht es auch gar nicht. Es handelt sich schlicht um eine nervtötende Angelegenheit, bei der genüsslichen Lektüre journalistischer Meisterwerke von gedruckten Wortmonstern heimgesucht zu werden. Wer nun entgegnet, man werde sich ja wohl an so etwas gewöhnen können, der kann Selbiges über praktisch alles Unangenehme behaupten. Bettwanzen? Autobahn-Baustellen zur Ferienzeit? AfD-Werbung im Briefkasten? An all das kann man sich auch gewöhnen!

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Wieso Gendern echten Schaden anrichtet

Für Menschen mit geringen Deutschkenntnissen oder Legastheniker hingegen kann „geschlechtergerechte Sprache“ eine besondere Hürde bedeuten. Während Akademiker und „Zeit“-Feuilletonisten die spektakulärsten Gleichberechtigungsmaßnahmen für das gesprochene und geschriebene Wort ersinnen, wird es in der Praxis beispielsweise für Menschen mit Migrationshintergrund dank unnötig verkomplizierter Gender-Behördensprache erschwert, bestimmte Antragsformulare auszufüllen oder sich seriös über die Covid-Impfung zu informieren.

Wenn Feministen dennoch darauf beharren, man werde sich ja wohl an gendersensible Sprache gewöhnen können, vergessen sie leider auch, was jeder Webentwickler auf die „leichte“ oder „harte Tour“ gelernt hat: Unter den zahlreichen Internetnutzern, die täglich durch die Weiten des World Wide Web surfen, um sich beispielsweise Boris Palmers Weisheiten über die altersabhängige Menschenwürde in der „Welt“ zu Gemüte zu führen oder um sich über vermeintliche „Plagiate“ der Kanzlerkandidaten beim größten deutschen Toilettenbedarfsartikelhersteller zu desinformieren, befindet sich ein kleiner, aber nicht zu vernachlässigender Anteil Sehbehinderter, die sich aufgrund ihrer jeweiligen körperlichen Einschränkung auf Zusatzsoftware wie Bildschirmvorleser verlassen müssen. Für diese doch eher einfach gestrickten Helferlein sind schon Social-Media-Hashtags ein Problem, die mehrere zusammengeschriebene Wörter enthalten und damit für sie nicht aussprechbar sind. Nicht weniger verwirrend sind für sie unerwartete Satzzeichen mitten in einem Wort. Betonen Feministen also ihre „Anti-Diskriminierungs-Mission“, scheinen sie wohl weniger umsichtig gegenüber Minderheiten zu sein als sie vorgeben.

Ausnahmen, Haken und Sonderfälle

Abgesehen davon, dass die Sonderzeichen-Schreibweise ganz offensichtlich nicht den etablierten grammatikalischen Regeln entspricht, hat sie unzählige Haken: Die Abtrennung zwischen männlicher und weiblicher Form im Wort wird dort vorgenommen, wo im Normalfall der maskuline Suffix stünde, wodurch bloß die feminine Form im Plural steht. „Journalist_innen“ bezeichnet also streng genommen „den Journalisten und die Journalistinnen“. Um jedoch „die Journalisten und Journalistinnen“ zu meinen, müsste es korrekterweise heißen: „die Journalist_inn_en“. Noch fataler sieht es bei „den Kund_innen“ aus, denen gar nicht mehr anzumerken ist, dass es sich teilweise um Männer handelt. Richtig wäre: „die Kund_inn_en“.

Doch das ist längst nicht alles! Denn wie berücksichtigt Gendersprache zusammengesetzte Substantive mit mehreren Personenbezeichnungen? Vor noch nicht allzu langer Zeit hätte die Presse von der lokalen Bürgermeisterwahl berichtet. Heutzutage müsste es im Kampf gegen die patriarchale Tyrannei stattdessen heißen:

- „Bürger_innenmeister_innenwahl“
- „Bürger- und innenmeister- und innenwahl“
- oder gar: „Bürgerinnenmeisterinnen-, Bürgerinnenmeister-, Bürgermeisterinnen- und Bürgermeisterwahl“

Wer selbst angesichts dieser Beispiele nicht wahrhaben will, dass solche Wortungetüme ablenkend und störend sind, muss wohl in irgendeiner Art Parallelwelt leben, in welcher der Zweck eines Textes es nicht ist, möglichst effizient Information zu vermitteln, sondern diese auf umständlichste Art und Weise zu unverständlichen Luftgebilden zu dekomprimieren.

Weitere Makel der geschlechtergerechten Sprache zeigen sich, wenn nicht über eine Personengruppe gesprochen wird, sondern über eine einzelne Person, deren Geschlecht nicht bekannt ist: Wie sollte der „anti-diskriminierende Hochsprachler der gendergerechten Zukunft“ über seinen Doktor sprechen? Sagt er „der Arzt“, ist das ein misogyner Sprachfemizid an sämtlichen Ärztinnen. Das gleiche gilt umgekehrt für „die Ärztin“. Ein gleichberechtigter Dialog über einen Besuch beim örtlichen Schamanen muss sich also zwangsläufig so anhören:

„Schatz, mich dünkt, ich hätt‘ wohl eine Grippe!“
– „Dann geh bitte schnell zu_m_r A_Ä_rzt_in!“


Und da behaupte noch einer, Gendersprache verkompliziere den Informationsfluss!

Gendersprache – Hustensprache

Was vielleicht noch mehr am Gendern stört als dessen Schriftbild ist seine Aussprache. Wenn man arglos die ZDF-Heute-Nachrichten einschaltet, kann es leicht passieren, dass man Zeuge werden kann, wie der Moderator Opfer eines furchtbaren Hustenanfalls wird. Scheinbar jedenfalls, sei dazugesagt – denn: Tatsächlich ist es seine volle Absicht, wenn er einen sogenannten stimmlosen glottalen Plosiv ausführt, auch „Gender-Pause“ genannt, um geschlechtergerecht getrennte Wörter auf ähnlich ungestalte Weise auszusprechen, wie sie geschrieben aussehen.

Schreibt der Nachrichtenredakteur „die Bäcker_innen“ in den Telepromptertext, spricht zum Beispiel Jana Pareigis nicht einfach von „den Bäckerinnen und Bäckern“ (was zwar unnötig, aber verkraftbar wäre), sondern sagt stattdessen etwas, das an „Bäcker innen“ erinnert. Mancher Schelm möchte beim Zuhören prompt dazwischenrufen: „Bäcker innen – nicht zu verwechseln mit Bäcker außen!“

Womit haben wir Fernsehzuschauer uns diese Verballhornung einer verständlich-seriösen Nachrichtenmoderation verdient? Tatsächlich stellen sich auch Linguisten gegen die Genderaussprache, so das Wissenschaftsmagazin Quarks , denn es verstoße gegen die strukturelle Position der Sprache, den Glottisschlag am Wortende auszuführen, wie bei „Lehrer_innen“. In regulären „glottisbehafteten“ Wörtern wie „Spiegelei“ befindet sich die kurze Pause dagegen korrekterweise in der Mitte.

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Gefangen im Kuriositätenkabinett

Abseits des diskutierbaren Rahmens gibt es viele weitere Vorschläge zum Gendern, die jedoch nicht einmal im Feministenlager die Massen überzeugen können. So hat sich eine kleine Gruppe Radikaler offenbar tollwutartig auf das Indefinitpronomen „man“ eingeschossen: Da es so ähnlich klinge wie das Substantiv „Mann“, sei es diskriminierend und müsse kurzerhand durch den Neologismus „mensch“ ersetzt werden.

„Heute kann mensch echt nicht mehr sagen, was mensch will! Diktatur!!!“

Das gleiche gilt für Abwandlungen wie „jemand“ oder „niemand“, die ab sofort „jemensch“ bzw. „niemensch“ heißen müssten.

„SOS! SOS! Wir sinken! Hört mich jemensch? Wieso hört mich niemensch? Mensch muss doch jemenschden erreichen können!“

Lann Hornscheidt, nicht-binäre_r Sprachwissenschaftler_in, geht sogar so weit, geschlechtsspezifische Endungen komplett zu verbannen. Übersetzt man Deutsch in Gender, würde sich beispielsweise dieser Satz ergeben:

„Einx schlaux Sprachwissenschaftx liebt xs Bücher.“

Hierzu erübrigt sich wohl jeder Kommentar, insbesondere auf Newspeak-Vergleiche möchte der Rutheneum-Bote verzichten.

Liebe Lesende…

Besonders belastet wird das Nervenkostüm des durchschnittlichen Deutschsprechers, wenn versucht wird, penetranterweise reguläre Substantive durch zugehörige substantivierte Partizipien oder Adjektive zu ersetzen. Aus „Student“ wird dann „Studierender“. Statt „Lehrer“ heißt es „Lehrender“, und „Schüler“ sind fortan… „Lernende“! Dass dies grober Unfug ist, lässt sich leicht begründen: Diese Form des Genderns ist zunächst nur eingeschränkt realisierbar, da es zu vielen Personenbezeichnungen kein geeignetes Verb oder Adjektiv gibt. Wie sollte man etwa von Polizisten, Politikern, Journalisten oder Experten sprechen? Und wie sollte man solche hölzernen Ausdrücke ohne Gehörvergiftung ertragen können?

Darüber hinaus weiß wohl jeder Schüler, dass er mitnichten stets ein „Lernender“ ist. Kinder und Jugendliche üben während der Ferien (und oftmals auch während des Unterrichts!) die Tätigkeit des Lernens nun einmal nicht aus. Zudem ist nicht jeder Forschender automatisch ein renommierter Wissenschaftler an einem anerkannten Institut. iPhone-Fotografierender kann auch jeder sein, doch das Fotografenhandwerk beherrschen nur wenige. Lotsend beim Einparken und Anlegen zu helfen, ist nicht schwer, aber wer ist denn schon Lotse?

Germanist Peter Eisenberg von der Uni Potsdam führt in einem 3sat-„Nano“-Beitrag (März 2021) ein weiteres Beispiel an: „Ein LKW-Fahrender verunglückt, liegt am Unfallort und wartet als ‚Fahrender‘ auf den Krankenwagen. Das ist doch ein semantischer Blödsinn!“ Tja, aber in den Augen der Sprachfeministen steht Gleichberechtigung eben über Sinnhaftigkeit und Logik.

Das Märchen vom natürlichen Sprachwandel

Besonders beliebt unter ihnen ist der Mythos, bei Gendersprache handele es sich um den natürlichen Wandel der deutschen Sprache. Gern wird jeglichen Kritikern unterstellt, reaktionäre Konservative zu sein, welche das Gendern ausschließlich deswegen ablehnten, weil sie grundsätzlich jede kleinste Veränderung verabscheuten. Auch manche Sprachwissenschaftler lassen sich auf ein derartiges Niveau herab, wie zum Beispiel Anatol Stefanowitsch, FU Berlin. Er behauptet im Tagesschau-Interview , Genderkritiker störe nicht „das Gendersternchen, sondern die gesellschaftliche Veränderung […], dass wir eben nicht mehr in einer Welt leben, in der der Mann das Zentrum aller Dinge ist.“ Aha. Wer sich erdreistet, seine Texte nicht mit Sonderzeichen zuzupflastern, ist in Wahrheit bloß ein verkappter Chauvinist.

Germanist Eisenberg hingegen argumentiert: „[Ja], Sprache verändert sich. Aber nicht du bist es, der sie verändert.“ Damit hat er zweifelsfrei Recht. Denken wir nur einmal gründlich nach, fallen uns zahlreiche natürliche Veränderungen unserer Sprache ein, die sich mal schneller, mal langsamer eingebürgert haben. Mittlerweile spricht de facto jeder vom „Computer“, nicht mehr vom „Heimrechner“; Tausende genießen nachmittags „Reality-TV“ und es dürfte niemanden geben, der noch keine „E-Mail“ verschickt hat. Unverheiratete Frauen „Fräulein“ zu nennen, gilt schon seit Ewigkeiten als unangemessen. Zwar scheitert der Langenscheidt-Verlag regelmäßig phänomenal daran, Jugendsprache adäquat einzufangen, doch das ist nur ein Beweis dafür, dass diese sich eben durchaus schnell verändert. Gar nicht sus.

Beim Gendern sieht es jedoch völlig anders aus: Auch dabei ist eine Veränderung der Sprache zu beobachten, doch diese wird von einigen wenigen feministischen Akteuren mit aller Macht in die von ihnen vorgesehene Form gezwängt. Nach einer Umfrage des Politbarometers finden 73% der Wahlberechtigten geschlechtergerechte Sprache in Medien „nicht so wichtig“ oder gar „überhaupt nicht wichtig“. Fast ebenso viele Befragte bezeichnen geschriebene und gesprochene Genderbezeichnungen mit Sonderzeichen als „nicht gut“.

Es ist ganz und gar unmöglich, die Augen davor zu verschließen, dass eine überwältigende Mehrheit Gendersprache ausdrücklich nicht wünscht. Wer sie trotzdem fordert, kann unmöglich von einer „natürlichen Veränderung“ sprechen.

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Feminismus: So geht Doppelmoral

Ein wesentlicher Aspekt des Genderns ist die standardmäßig inbegriffene Doppelmoral. Offiziell ist dessen Anspruch natürlich, jegliche Personenbezeichnungen so anzupassen, dass alle Geschlechter angesprochen sind. In Wahrheit jedoch sind bei geschlechtergerechter Sprache nur positiv oder neutral konnotierte Wörter inbegriffen. Überaus gern berichtet man also von „Nobelpreisträger_innen“, „Spitzenpolitiker_innen“, „Pulitzerpreisträger_innen“, „Sportler_innen“, „Wähler_innen“ oder „Expert_innen“.

Negativ besetzte Begriffe werden inkonsequenterweise nicht gegendert; so ist es eine Seltenheit, etwas von „Mörder_innen“, „Querulant_innen“, „Straftäter_innen“ oder „Rechtspopulist_innen“ zu hören. Deutlich wird das an einem Beitrag des ZDF heute Xpress vom 06.11.2020, in dem es heißt:

Demonstranten bewarfen die Polizei unter anderem mit Flaschen und Rauchbomben; die Beamt_innen setzten Tränengas und Wasserwerfer ein.“ – ZDF heute Xpress


Ist dies wirklich ein Fall von Doppelmoral? Oder hat man beim ZDF tatsächlich minutiös den Männer- und Frauenanteil der Demonstranten ermittelt? Erwiese sich dies als wahr, klänge es für den Zuschauer alles andere als plausibel – was zeigen würde, dass Gendersprache nicht geeignet ist, um aufzuklären, ob es sich um eine reine Männergruppe gehandelt hat oder nicht.

Ein Fest der Strohmänner

Wenn Sprachfeministen den zum kläglichen Scheitern verurteilten Versuch wagen, ihre radikalen Umgewöhnungsmaßnahmen mit Sachargumenten zu begründen oder gar wissenschaftliche Erkenntnisse als Belege anzuführen, offenbart sich, dass die meisten Argumente auf Fehlschlüssen oder gar sogenannten „Strohmännern“ beruhen (Bezugnahme auf bewusst verdrehte Gegenargumente).

Das Magazin Quarks etwa beruft sich unter anderem auf ein vielzitiertes Experiment, das unter Feministen als universeller Beweis für die Sinnhaftigkeit des Genderns gehandelt wird, quasi als Heiliger Gral der Geschlechtergerechtigkeit. Dabei wurden einige Hundert Schüler gefragt, ob sie sich vorstellen könnten, später einmal bestimmte Berufe auszuführen. Wie durch ein Wunder konnten sich die Grundschulmädchen eher vorstellen „Ingenieurin“ zu werden als „Ingenieur“.

Jeder, der nicht vollends im Abgrund der Logikfehler versunken ist, kann auf den ersten Blick erkennen, dass dieser Versuch keinerlei Bedeutung für die Realität hat. Denn: Der Zweck des generischen Maskulinums ist es, zum Beispiel Berufsgruppen prägnant zusammenzufassen. Niemand von Verstand käme auf die geradezu schwachsinnige Idee, das generische Maskulinum anzuwenden, wenn er sich konkret auf eine bestimmte Person bezieht. Wer würde denn schon „unser Bundeskanzler Frau Merkel“ sagen? Genauso würde im Gegensatz zu jenen Wissenschaftlern kein gescheiter Mensch einen Jungen ernsthaft fragen, ob er „Geburtshelferin“ werden wolle. So funktioniert das generische Maskulinum (bzw. Femininum) einfach nicht, auch wenn Feministen hier sicher mit den dreistesten Strohmannargumenten widersprechen würden. Oder besser gesagt: mit den dreistesten Strohmenschargumenten. Könnte ja auch eine Strohfrau sein.

Bei einem anderen Versuch soll sich gezeigt haben, dass die Probanden aufgrund des generischen Maskulinums Frauen in ihrem Weltbild tunnelartig ausblenden würden. Doch allein an dem im Text genannten Beispiel zeigt sich, dass das Experiment nicht im Geringsten geeignet ist, realitätsbezogene Schlüsse zu ziehen: Die Aufgabe der Versuchsteilnehmer war es, per Knopfdruck anzugeben, ob bei zwei gegebenen Sätzen der letztere eine sinnvolle Ergänzung des ersten sei. Man wollte wissen: Wenn im ersten Satz das generische Maskulinum zum Einsatz kommt – halten wir es für logisch, wenn im zweiten Satz von Frauen die Rede ist? Und wie lange braucht man für diese Entscheidung? Hier ein Beispiel:

„Die Sozialarbeiter liefen durch den Bahnhof.“
„Wegen der schönen Wetterprognose trugen mehrere der Frauen keine Jacke.“


Ohne Zweifel fragt man sich durchaus einen Moment, ob diese Aussage Sinn ergibt. „Ha!“, stößt jetzt wohl jeder Sprachfeminist mit hochrotem Kopf aus, „da seht ihr’s!“ Doch denkt man mehr als eine Sekunde über die Causa nach, dürfte jedem klar werden: Ein derartiges Statement ist alles andere als realistisch. Wer, in Herrgottsnamen, würde denn das generische Maskulinum verwenden, wenn er sich auf eine konkrete Gruppe von wenigen Personen bezieht und vorhat, im nächsten Satz deren Geschlechter ausdrücklich zu erwähnen?

Versteht doch endlich, was „generisch“ heißt!

Hier offenbart sich das tatsächliche Problem mit dem Gendern: Es besteht fundamentaler Dissens darüber, was der Begriff „generisches Maskulinum“ tatsächlich bezeichnet. Während Feministen die Erzählung verbreiten, dabei handele es sich um die Ersetzung von grundsätzlich allen weiblichen Personenbezeichnungen durch männliche Alternativen, sieht die Realität völlig anders aus. Im echten Leben, also nicht in der zusammenfantasierten Theorie einiger weniger Moralapostel, wird das generische Maskulinum nur dann verwendet, wenn das Geschlecht der bezeichneten Personen irrelevant für die jeweilige Botschaft ist, die vermittelt werden soll.

Hört man Fahrgästen der Deutschen Bahn bei ihren Beschwerden über „die streikenden Lokführer“ zu, dann ist doch offensichtlich, dass es niemanden interessiert, welchen Geschlechts jene Menschen sind, die eigentlich Züge steuern sollten, aber jetzt ihre Arbeit einstellen und dabei Millionen – wenn nicht gar Dutzende – Fahrgäste auf ihrem Gepäck sitzen lassen.

In ihrem verkehrten Weltbild werfen Sprachfeministen den nörgelnden Fahrgästen jedoch vor, absichtlich und auf schlimmste und unverzeihliche Art und Weise all jene Frauen zu diskriminieren, die sie gerade zum Bahnsteigkampieren zwingen. Dabei stellt sich natürlich zu Recht die Frage: Welchen Mehrwert hätte es denn, wenn die Gestrandeten stattdessen von „den Lokführer_innen“ sprächen?

Offenkundig scheinen Feministen die einzigen Menschen auf unserem Planeten zu sein, die immer und immer wieder extra betonen müssen, dass es sowohl Männer als auch Frauen gibt, um nicht plötzlich ebenjenen Umstand auf wundersame Weise zu vergessen.

Misskommunikation und Separatismus

Nach unserer gesellschaftlichen Konvention und selbstredend auch unserer Rechtslage werden Bewerber nicht aufgrund ihres Geschlechts bevorzugt oder benachteiligt. (Das mag zwar in der schmutzigen Praxis nicht immer so gut laufen, doch hier interessiert nur die Optimalvorstellung.) Aufgrund dessen ist für jeden sprachlichen „Sender“ und „Empfänger“ zu jeder Zeit klar, dass sich unter der jeweils bezeichneten Berufsgruppe wie in der gesamten Gesellschaft Vertreter aller Geschlechter finden. Diesen Umstand, der „common sense“ ist, ausdrücklich bei jeder Gruppenbezeichnung zu betonen, ist nicht einfach nur redundant. Tatsächlich impliziert solche Kommunikation, dass dem Geschlecht der Personen besondere Bedeutung zukommt.

Heißt es in einer Pressemitteilung, „Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler“ hätten eine neue Entdeckung gemacht, dann nimmt der Leser konsequenterweise an, es sei eine Ausnahme, dass Männer und Frauen in der Wissenschaft zusammenarbeiten – sonst hätte man dies ja nicht betonen müssen.

Ständig „Bauarbeiter_innen“, „Krankenpfleger_innen“, „Politiker_innen“ oder „Rennfahrer_innen“ zu sagen, überbewertet die vermeintliche Gleichstellung zwischen Mann und Frau und macht sie zu etwas Besonderem, das es normalerweise nicht gebe.

Somit ist Gendersprache als reaktionär-rückwärtsgewandter Versuch der Wiedereinführung des Geschlechterseparatismus zu bewerten – und damit als Angriff auf unsere moderne Gesellschaftsordnung, die nach Jahrzehnten und Jahrhunderten der Diskriminierung endlich an einem Zustand angekommen ist, da Genus und Sexus voneinander entkoppelt sind und letzterer idealerweise aus dem Zentrum unserer Vorstellung im Sprachalltag herausgerückt ist.

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Wenn Feminismus diskriminiert

Darüber hinaus ist Feministen offenbar noch nicht aufgefallen, dass Gendersprache auch diskriminiert. Ständig das maskuline und feminine grammatische Geschlecht herbeizuzerren, wenn „auf Teufel komm raus“ das biologische Geschlecht eines oder mehrerer Bezeichneter genannt wird, ignoriert mutwillig all jene Menschen, die sich weder ihrem Geburtsgeschlecht noch dem jeweils anderen zugehörig fühlen. Diese „Nichtbinären“ werden im schillernden Gleichberechtigungstempel der Gendersprache, nun ja – leider vollständig ignoriert.

Manch einer mag erwidern, dass doch gerade all die phänomenalen Sonderzeichen wie der Stern, der Unterstrich oder der Doppelpunkt als Auslassung für alle weiteren Geschlechter zu verstehen sind. Dass also Nichtbinäre bei jeder gendersprachlichen Bezeichnung stets mitgemeint seien.

Doch spätestens hier stürzt das güldene Kartenhaus in sich unter seinen eigenen Logikfehlern zusammen. Denn das Argument, die Vertreter eines bestimmten Geschlechts seien „mitgemeint“, verwenden Feministen zwar bezüglich Nichtbinärer selbst, doch geht es stattdessen um Frauen, die beim generischen Maskulinum „mitgemeint“ werden, verstehen dieselben Feministen keinen Spaß mehr und mutieren zu wutgetriebenen Populisten.

Die offiziell als „Diverse“ Bezeichneten bei Genderschreibweisen nicht ausdrücklich zu nennen, sondern ihre Existenz lediglich mit schnöden Sonderzeichen abzutun, zeigt also eindrücklich die doppelten Maßstäbe des Genderfeminismus. Seinen Vertretern geht es nur um die eine Sache, alles andere ist ihnen egal, vor allem jedoch benachteiligte Minderheiten.

Die Lösung ist so naheliegend wie einfach

Statt zeilenlange Wortmonster zu erschaffen, Blinden das Lesen zu erschweren, im Fernsehen herumzuhusten, Separatismus zu befeuern und Minderheiten zu diskriminieren, sollten wir uns darauf konzentrieren, worauf es bei Texten wahrhaftig ankommt: ihre Botschaft so zu vermitteln, wie sie gemeint ist.

Damit die Nachricht beim Empfänger möglichst unverzerrt ankommt, muss der Sender Störquellen eliminieren. Das bedeutet: Redundante und überflüssige Informationen werden gnadenlos entfernt. Wenn es also um die neuesten Verschwörungsmythen der „Querdenker“ genannten Rechtsradikalen geht, spielt es keine Rolle, welchen Geschlechts die einzelnen Verwirrten sind. Das Störsignal „Demonstrant_innen“ wird also rot herausgestrichen.

Der nächste Schritt kann nicht vom Sender allein getan werden, sondern erfordert den gesellschaftlichen Konsens, der unter der überwiegenden Mehrheit immer noch vorhanden ist: Das generische Maskulinum wird dann eingesetzt, wenn das Geschlecht der Bezeichneten nicht interessiert. Andernfalls spricht man schlicht und ergreifend von „den Politikerinnen und Politikern“ oder „den Schülerinnen und Schülern“.

Keine Gendersprache nötig.


Gustav Blaß



Adieu!

Mit dem heutigen 06.09.2021 und diesem finalen Kommentar endet meine Karriere als langjähriger Redakteur und Chefredakteur des Rutheneum-Boten. Seit 2013 habe ich für diese ganz besondere Schülerzeitung den ein oder anderen Artikel verfasst, manch ein Interview geführt und einige Printausgaben gerade noch rechtzeitig zum Hoffest oder zur Weihnachtswoche zusammengestellt.

Mein Dank gilt meinen zahlreichen Mitredakteurinnen und -redakteuren, die sich stets eifrig mit den unterschiedlichsten Themen befassten, die außergewöhnlichsten Beiträge auf Papier brachten und die Schülerzeitung mit Leben füllten. Selbst im "digitalen Zeitalter" galt und gilt für uns das Motto: "Vor der Ausgabe ist nach der Ausgabe!"

Ganz herzlich möchte ich auch unserer langjährigen AG-Betreuerin Frau Lange danken, die uns jederzeit mit Rat und Tat zur Seite stand und nicht unerheblich für den stets hohen Absatz des RB mitverantwortlich war.

Nun übergebe ich den sprichwörtlichen Staffelstab an meinen Stellvertreter Yannick, der ebenfalls seit vielen Jahren im rauen Zeitungsgeschäft als Redakteur tätig ist. Bei seiner Aufgabe als neuer Chefredakteur wünsche ich ihm alles Beste und der Redaktion einen guten Start ins neue Schuljahr!


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